Tagebuch (m)einer Stammzellen-Spende

Mittwoch, 18. April 2007

Tagebuch (m)einer Stammzellenspende

Vorneweg – warum ich diese kleine Story in´s Netz stelle...

Nachdem ich erfahren hatte, dass ich als potentieller Spender in die engere Wahl „vorgerückt“ war, wollte ich natürlich alles genauer erfahren, als ich es eh schon in den offiziellen Broschüren und auf der Internet-Seite (in meinem Fall der DKMS) gelesen hatte. Nun waren das eben sehr fachlich – sachliche Artikel. Was mir fehlte, waren persönliche Berichte, denn alles andere las sich ungefähr so wie ein Medikamenten-Beipackzettel.

Ich würde mich freuen, wenn dieser Erfahrungsbericht dem ein oder anderen hilft, seinen Wissensdurst (den, glaube ich, jeder hat, der vor so einer Aktion steht) ein Stück zu stillen.

Alles medizinisch Wichtige gibt´s natürlich von den offiziellen Stellen und den Ärzten – dazu soll das Folgende aber auch gar nicht dienen.

Sonnefeld, April 2007

Christine Lösch

P.S. Bei Fragen, können Sie mich gerne per eMail kontaktieren – oder bei falsch dargestellten Sachverhalten schimpfen.


April 2006

In der Zeitung lese ich von der Typisierungsaktion, die in einem Coburger Gymnasium stattfinden soll. Anlass ist, dass einer Schülerin dort durch eine Spende geholfen werden konnte. Ihre Klasse hat die Aktion initiiert. Nahezu unbedarft ist für mich sofort klar, dass ich mich dort registrieren lassen werde.


28.04.2006

Nachmittags mache ich mich gleich nach der Arbeit auf den Weg in die Schule.

In der Aula sitzen instruierte Schüler der Oberstufe und helfen beim Ausfüllen der Fragebögen. Da ich eine der ersten Spende-/Registrierungswilligen bin und noch nicht so viel los ist, habe ich gleich drei Helfer/innen um mich, die schon ganz heiß auf die Aktion sind J

Zuerst werden die Personalien aufgenommen und man kann sich freiwilligerweise mit einer Geldspende an der Tragung der Kosten für die Typisierung beteiligen.

Mit ein (oder waren´s zwei) Glas-Röhrchen werde ich dann zur nächsten Station weitergeschickt. Dort wird Blut genommen (von geschultem Fachpersonal natürlich), um es in´s Labor zu schicken und auf die maßgeblichen Merkmale (HLA-A und HLA-B) zu untersuchen.

Nach etwa 20 Minuten mache ich mich auf den Heimweg.


Mai/ Juni 2006

Ich bekomme meine persönliche „Spendercard“.

...und einen DKMS-Ansteck-Button


27.09.2006

Ein dickeres Päckchen der DKMS trifft ein – „Ihre Bereitschaft zur Lebensspende: Feintypisierung“ und ein Set zur Blutentnahme in einem Schächtelchen.

Den ersten Untersuchungen zufolge habe sich herausgestellt, dass ich eventuell für einen Patienten als Spender in Frage komme. Um dies festzustellen, sei nun eine Feintypisierung notwendig. Eine weitere Blutentnahme wird -baldmöglichst- erbeten. Am selben Tag vereinbare ich mit meiner Hausärztin einen Termin.


02.10.2006

Ich lasse bei meiner Hausärztin mein Blut „eintüten“ und bringe es auf den Postweg in´s Labor.


25.10.2006

Ein Schreiben der DKMS...

...“aufgrund der bisher durchgeführten Blutuntersuchungen wurde nun festgestellt, dass Sie mit einem Patienten, für den ein Stammzellspender gesucht wird, in mehreren Gewebemerkmalen übereinstimmen.“

Oh-ha...jetzt wird´s also konkret.

„Darf ich Sie deshalb bitten, mich schnellstmöglich unter der für Sie kostenfreien Telefonnummer ### anzurufen...“

Also – umgehend die Nummer gewählt und zum Glück (war schon recht spät am Tag) noch einen netten auskunftsfreudigen jungen Mann „erwischt“.

Den quetsche ich dann natürlich aus...und bringe ihn damit um seinen rechtzeitigen Feierabend ;-) *sorry, Herr Abert*

Und es ist tatsächlich sehr konkret dieses Stadium...

Zuerst fragt er mich, ob ich denn weiterhin als Stammzellenspender zur Verfügung stehe. Freilich – alles andere wäre ja wohl nicht vertretbar (obwohl ich ehrlich zugeben muss, dass man sich – wenn das alles dann plötzlich so nahe gerückt ist – doch ein bisschen seltsam fühlt. Mir war da ganz schön mulmig. Und schon nach dem ersten Brief der DKMS habe ich natürlich mit meiner Familie und Freunden darüber gesprochen. Vielen Dank noch mal für die ermutigende Zusprache – ihr seid unbezahlbar!)

Er erklärt mir, dass es sich um einen dringenden Fall handelt und schlägt mir gleich drei Spendetermine zur Auswahl vor (wobei das letzte Wort noch immer die Klinik hat – und das allerletzte der Patient, der die Spende empfängt). Zwei Kliniken seien möglich – wobei ich Nürnberg-Nord aufgrund der „Nähe“ favorisiere.

Geplant sei eine Entnahme von Knochenmark aus dem Beckenknochen, da dies für den Patienten bessere Heilungschancen verspreche. Eine Operation unter Vollnarkose – kreisch!!

Ansonsten führt er noch mal alles genau aus, was auch auf entsprechenden Internetseiten und in Broschüren zu diesem Vorgang zu lesen ist. Und beantwortet meine Fragen geduldig.

Im Vorfeld (drei Wochen vor dem OP-Termin) sei eine drei- bis vierstündige Voruntersuchung in der Entnahme-Klinik erforderlich. Wir vereinbaren den


31.10.2006.

Ja – das geht wirklich alles ganz schön fix – mein armes Beamten-Herz!! ;-)

Meine letzten Fragen sind beantwortet – natürlich habe ich mich seit Erhalt des ersten Briefes auch ausgiebigst durch´s Internet gewühlt – und warte nun auf nähere Angaben zur Voruntersuchung und hoffe, dass das Klinikum in Nürnberg ein Plätzchen zum geplanten Termin frei hat.


27.10.2006

Die DKMS bestätigt den Termin zur Voruntersuchung – und auch, dass der Eingriff am 23.11.2006 in Nürnberg durchgeführt werden soll.

Dazu erhalte ich ein Schreiben an meinen Arbeitgeber, in dem er über den geplanten Eingriff, den zeitlichen Ablauf und die Möglichkeit der Kostenerstattung aufgrund des Arbeitsausfalls (Erstattung durch die DKMS) unterrichtet wird.

Dass dieser Ausfall 7 Tage (5 Arbeitstage) umfassen würde, stellt den zuständigen Sachbearbeiter der Personalabteilung vor eine mittlere Katastrophe. Liegt wohl daran, dass die Urlaubsverordnung für Bayerische Beamte diesen Sachverhalt leider noch nicht kennt. Da gibt´s so eine magische Grenze von „bis zu drei Tage im Kalenderjahr“ für Befreiungen unter Fortzahlung der Bezüge.

Einer Zusage auf Erstattung von Lohnfortzahlungskosten traut er nicht. Ach, aber egal – es hat dann ja doch hingehauen – zwar anders als geplant, aber dazu später mehr...


31.10.2006

Voruntersuchung in Nürnberg

Gegen 8:45 Uhr treffe ich in der Klinik ein und finde dank Lageplan auch gleich das richtige Gebäude. Ich melde mich an und bekomme einen weiteren Fragebogen (glaube ich). Nach kurzer Wartezeit geht´s zur Blutabnahme. Diesmal sind es eine ganze Menge Röhrchen (zehn Stück bestimmt – in den verschiedensten Farben und Größen).

Bitte nicht auf die Reihenfolge festnageln – ich geb´ mir Mühe:

Ich bekomme einen Zeitplan und eine Instruktion auf meinem Lageplan und werde erst mal losgeschickt Richtung Ultraschall-Untersuchung. Dort werden so ziemlich alle auffindbaren Organe „durchleuchtet“ (für meine Terminologie bitte nicht steinigen, liebe Mediziner) ....Leber, Gallenblase, Milz, Nieren, Blase...kurze Erläuterung der Ärztin – alles in Ordnung.

Draußen im Wartebereich, als ich auf das Sonographie-Ergebnis warte, setzt sich ein Mann mittleren Alters zu mir. Er fragt mich, ob ich wohl wieder genesen und zur Nachuntersuchung hier sei. Ich antworte, dass ich froh sei, als gesunder Mensch hierher gekommen zu sein und erzähle ihm von der geplanten Knochenmark-Spende. Er meint mit einem Lächeln, dass er sich riesig freut, dass es diese Möglichkeit gibt und es Menschen gibt, die damit anderen eine große Chance mehr im Kampf gegen Leukämie eröffnen. Als wäre es eine Nebensache, erläutert er, an welchen Erkrankungen er im Endstadium leide. Er drückt mir die Hand und wünscht mir alles Gute – und bedankt sich bei mir.

Das hat mich tief berührt. Es war so herzlich.

Dann geht´s weiter zum EKG.

Irgendwann muss ich wohl beim Röntgen gewesen sein – es steht auf meinem Zettel. Dort wird die Lunge geröntgt.

Bei der Lungenfunktionsanalyse (LuFu) werden die Funktion und die Volumina der Lunge getestet. Das geschieht aufgrund der Vollnarkose bei der OP – wie viel Mittel sie benötigen, um einen einzuschläfern ;-)

Dazu sitzt man in einem geschlossenen Glaskasten, hat eine Klammer auf der Nase und ein schnorchelähnliches Mundstück zwischen den Zähnen. Dort auf einem Stuhl sitzend muss man auf Anweisung der Ärztin verschieden intensiv und verschieden lang ausatmen (einatmen darf man zwischendurch auch) und gegen Sperrklappen/ Widerstände im Luftschlauch atmen.

Nach all den Untersuchungen geht´s zurück in die Ambulanz, wo ich meine Mappe mit den gesammelten Werken abgebe und die Unterlagen für die Anästhesie und die Eigenblut-Spende mitnehme.

Der Anästhesist ist jung und gutaussehend – und nebenbei habe ich dann auch schon bald meine Angst vor eine Vollnarkose überwunden...fast...

Nein – ehrlich – ich werde über die möglichen Risiken einer Vollnarkose und der damit zusammenhängenden Intubation hingewiesen. Und es scheint tatsächlich nicht so schlimm zu sein, wie befürchtet.

Nachdem ich fertig war und brav mein Pausenbrot gegessen und einen halben Liter getrunken habe, mache ich mich auf den Weg zur Eigenblut-Spende. Das mit dem Vorher-was-essen ist kein Witz, sondern ausdrücklich angeraten. In der Abteilung Transfusionsmedizin, wo ich für mich spenden soll, habe ich ein wenig Zeit und wieder einen Haufen netter Menschen um mich. Die Ärztin dort nimmt mir – nach langem Kampf mit einer Vene und der Freude darüber, dass es noch einen zweiten Arm gibt – einen riesigen Beutel Blut ab. Kann das sein – ½ Liter ?! Glaube, so ungefähr. Oder gar 800ml.

Das geben Sie einem dann nach der Entnahme, damit man wieder schneller fit wird und einem nicht so viel fehlt. Oder eben, falls man bei der OP durch irgendeinen Umstand mehr Blut verliert, als kalkuliert.

Was ich unlogisch finde: Sollte das Blut doch nicht benötigt werden, dann wäre es doch klasse, wenn man es gleich jemand anderem geben könnte, zu dem es passt und der grad Blut braucht. Darf man aber nicht - per Gesetz. Es wird dann nach einer bestimmten Zeit vernichtet. Man muss nicht alles verstehen...

Nach meiner fast eintägigen Expedition durch die Weiten des Nürnberger Klinikums Nord, komme ich zurück in die KMT-Ambulanz (KMT = Knochenmarktransplantation).

Dort habe ich dann nach kurzer Wartezeit ein Arztgespräch mit Frau Dr. Schäfer-Eckert – und werde noch abgehört und mein Blutdruck wird gemessen (wenn ich mich recht erinnere). Sie klärt mich noch mal genauestens über den Ablauf der Entnahme auf, wie mit langen Nadel in der Beckenknochen gestochen wird und von dort ein Blut-Knochenmark-Gemisch abgesaugt wird. Um genügend „Stoff“ zu erwischen, wird an beiden Seiten agiert. Der erlittene Verlust wird vom Körper rasch ausgeglichen. Für den Empfänger seien aus medizinischen Gründen die aus dem Beckenknochen entnommenen Stammzellen besser, als die, die peripher aus dem Blut entnommen werden könnten.

Ich bekomme dann noch einen Zeitplan für den Eingriff und einen letzten „Aufklärungszettel“ für die unmittelbare Zeit nach der OP und werde mit den besten Wünschen verabschiedet.


04.11.2006

Die DKMS benachrichtigt mich, „dass bei der Voruntersuchung alles in Ordnung war und die Knochenmarkentnahme wie besprochen am 23.11.2006 stattfinden kann“.


November 2006

Anruf einer DKMS-Mitarbeiterin etwa eine Woche vor dem vereinbarten OP-Termin:

Der Eingriff wird nicht durchgeführt. Der Patient hat sich dagegen entschieden. Mir wird erklärt, dass das wohl damit zusammenhängen könne, dass er an einer weniger aggressiven Art von Leukämie leide, es ihm momentan entsprechend gut gehe und er die Risiken einer Transplantation scheue. Diese sind für den Empfänger enorm – bei einer Abstoßungsreaktion oder anderen Komplikationen kann der Patient daran sterben.

Oder, dass es ihm aufgrund seiner Erkrankung im Moment so schlecht gehe, dass die vorbereitenden Maßnahmen (u.a. Chemo-Therapie) nicht durchgeführt werden können.

Also, nix genaues. Nur eben, dass mir am 23.11. nicht im Beckenknochen rumgepiekst werden wird. Ein bisschen von den Socken bin ich jetzt schon – ein wenig erleichtert aber vielleicht auch (ich – der Vollnarkosen-Schisser).

Dem Personalbüro kann ich Entwarnung geben – keine 7 Tage Befreiung mehr nötig.

Ich werde aber auch gleich seitens der DKMS darauf hingewiesen, dass dies schon das ein- oder andere Mal vorkommt und oftmals nur ein Hinausschieben der Transplantation und damit der Entnahme darstellt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie im Laufe des 1. Quartals 2007 erneut auf mich zukommen werden, sei recht hoch.


Januar 2007

Die DKMS meldet sich telefonisch.

Eine Spende sei nun seitens des Patienten doch erwünscht.

Wieder bekomme ich drei Termine zur Auswahl. Es werden der 12. und 13.03.2007 vereinbart. Soweit nichts Neues. Doch – es soll nun keine Entnahme der Stammzellen aus dem Knochenmark erfolgen, sondern peripher aus dem Blut über ein Apherese-Gerät.

Hierbei wird das Blut in einem geschlossenen System aus dem Körper des Spenders geleitet, zentrifugiert und die benötigten Bestandteile werden „abgeschöpft“. Und das alles zwei mal hintereinander. Und sollte es nicht ausreichen, am zweiten Tag noch mal.

Zuvor muss dem Körper jedoch ein sog. Wachstumsfaktor (G-CSF) zugeführt (gespritzt) werden. Dieser regt die Bildung der Stammzellen in den flachen großen Knochen an, was zur Folge hat, dass mehr Stammzellen als gewöhnlich aus den Knochen in´s Blut diffundieren und folglich auch mehr abgeschöpft werden kann.


19.01.2007

Erneut erreicht mich ein Schreiben der DKMS, worin der Termin für die Spende bestätigt wird und um die Entnahme und Einsendung weiterer Blutproben durch den Hausarzt gebeten wird, sowie ein neues Schreiben an meinen Arbeitgeber, wie bereits im Oktober.


24.01.2007 (?)

Blutabnahme beim Hausarzt - vier weitere Röhrchen Blut werden zur Untersuchung geschickt.


20.02.2007

Nachricht der DKMS, dass bei der Untersuchung alles in Ordnung war und die Entnahme wie geplant stattfinden kann.

Bei einem Telefonat mit der DKMS wird dann nochmals der Ablauf der Vorbereitungsphase, das Spritzen des Wachstumsfaktors, sowie das Auftreten der möglichen Nebenwirkungen (Kopf- und Gliederschmerzen, Müdigkeit, ...) erläutert.


23.02.2007

Mich erreicht ein etwas größeres Päckchen direkt vom Klinikum. Darin befinden sich die G-CSF-Spritzensets (Granocyte-Spritzen) für die Vorbereitungsphase (fünf Tage vor der Entnahme –am 08.03. morgens- muss mit dem Spritzen begonnen werden), Desinfektionstupfer, Paracetamol-Tabletten (Aspirin = verboten), eine Einverständniserklärung zur Stammzellen-Sammlung und eine „Spenderinformation“. Darauf ist vermerkt, wann ich mit dem Spritzen beginnen muss und wann ich auf welcher Station am 12.03.erscheinen soll.

Scheinbar habe ich im Klinikum bei der Voruntersuchung einen vertrauenserweckenden Eindruck hinterlassen, denn eine weitere, ausführliche Erläuterung zur Verabreichung der Spritzen bekomme ich nicht. Als erfahrener Heparin-Spritzen-Junkie (nach dreimaliger Knie-Aufschnippelei) habe ich selbst keine Bedenken – mein Umfeld vielleicht schon. Jedermanns Sache ist die Fummelei mit dem Spritzen-Set nicht – könnte ich mir vorstellen. Schon beim zweiten Mal läuft´s aber fast wie geschmiert mit dem Injektions-Baukasten ;-)


07.03.2007

Telefonisch erkundige ich mich – vorsichtshalber – ob der Termin noch steht und ich somit Morgen mit dem Spritzen beginnen soll.

Alles im grünen Bereich.


08.03.2007

Früh um 06.15 Uhr die erste Spritze.

Das Ganze geht – nach der ersten kleinen Aufregung, ob das Zusammenbasteln der Spritze und das Mixen der Injektions-Lösung klappen würde - unkomplizierter als vermutet.

Das gespannte Warten auf die Nebenwirkungen beginnt.

Erst spät am Abend und nachts macht sich Kopfweh breit...ziemlich breit... Was mich dann dazu hinreißt, eine Paracetamol zu schlucken.

Das Spritzen abends klappt auch wieder problemlos.


09.03.2007

Von früh an habe ich Kopfschmerzen und ein pulsierendes Ziehen im Rücken. Und fühle mich im Allgemeinen nicht wirklich wohl. Weil das alles bei der Arbeit nur ablenkt, nehme ich an diesem Tag morgens und nachmittags je eine Paracetamol. Die helfen auch ganz gut.

Spritzen früh und abends = alles o.k.


10. und 11.03.2007

Da ich eigentlich kein Tabletten-Fan bin, lass´ ich die Paracetamol weg. Und das geht ganz gut so. Insgesamt bin ich müde (was normalerweise so gut wie nie der Fall ist) und habe ein pulsierendes Ziehen im Beckenknochen.

Das alles kann mich aber nicht davon abhalten, am Samstag einen ganzen T4 voll (Brenn-)Holz mit zu beladen und dann allein wieder zu entladen. Man fühlt sich halt echt ein bisschen „grippich“ und schwitzt schneller. Sonst ist alles fit. Die Spritzerei ist nur deswegen ein wenig nervig, weil ich immer viel unterwegs und kaum mal zwei Tage hintereinander zur selben Zeit am selben Ort bin. Und man soll doch ziemlich exakt alle zwölf Stunden spritzen – aber auch das lässt sich bewältigen.

Am Sonntag bin ich einfach nur schlapp und habe Probleme, scharf zu sehen. Außerdem habe ich keinen Bock – auf garnix.


12.03.2007

D-Day

Ich habe bei meinem Freund, der in Nürnberg arbeitet und soweit dort wohnt, übernachtet. Das erleichtert mir – als notorischem Zu-spät-Kommer – das erwünschte Pünktlich-Sein ;-)

Also – um Viertel 7 (6:15 Uhr) noch mal spritzen, gut frühstücken und dann gemütlich auf den Weg gemacht. Nach Fußmarsch, Straßenbahn- und Busfahrt komme ich total gespannt um 8:45 Uhr (!) auf der Station an, wo ich schon erwartet werde.

Zuerst bekomme ich zwei Calcium-Tabletten aufgelöst zu trinken, um bei der Separations-Aktion nicht einen Krampf zu haben (hängt mit dem gerinnungshemmenden Mittel zusammen, das man eingeflößt bekommt, um keine Embolie zu bekommen – das bindet wohl das im Blut befindliche Calcium). ...und Krämpfe mit Nadeln in den Armen machen sich nicht sonderlich gut.

Man soll ja vorher viel trinken, damit das Blut beim Anzapfen besser fließt – dummerweise muss man sich aber auf vier Stunden einstellen, während derer man angestöpselt in einem Sessel sitzt. Und ein bisschen nervös ist man ja trotz aller Coolness – also noch mal schnell auf´s Klo.

Dann kommt auch schon der Arzt, der für´s Anschließen zuständig ist. Der macht sich dann auf die Suche nach einer „passenden“ Vene...bei mir scheinbar nicht so ganz eindeutig...letzten Endes aber doch erfolgreich.

In der Beuge des rechten Armes wird die Nadel zur Entnahme gelegt – eine (für mein Empfinden) recht lange Stahlnadel, womit dieser Arm auf ein Kissen gebettet ausgestreckt zum Stillliegen verdammt ist ;-)

Am linken Arm knapp hinter dem Handgelenk wird die "Rückflussnadel" gesetzt - eine flexible Kunststoffnadel (wie bei einer Infusion).

Schmerzen hatte ich bei keiner der Nadeln – ehrlich.

Der Doc nutzt den „Zapfhahn“ am linken Handgelenk, um noch einige Blutproben zu entnehmen. Da wird u.a. kontrolliert, wie gut man „mobilisiert“ hat – also, wie viele Stammzellen sich zum Abschöpfen da im Blut so tummeln...und bestimmt noch etliche andere Werte, von denen ich aber nix weiß.

„Meine“ Krankenschwester setzt nun das Apharese-Gerät in Gang. (Apherese = griechisch ...und ich als alter (erfolgloser) Lateiner...heißt wohl so was wie „wegnehmen von“)

Eigentlich dachte ich, in aller Ruhe (vier Stunden lang – wann hat man schon mal soviel Zeit am Stück dafür) meinen „Spiegel“ lesen zu können. Nun meint es meine Abzapf-Vene aber nicht so gut mit mir. Weil von alleine nicht die gewünschte Durchflussmenge erreicht werden kann, bekomme ich einen Schaumstoff-Ball in die Hand – auf dem ich dann knappe vier Stunden rumquetsche. Tue ich das nicht, fällt der Durchfluss-Wert ab und die Maschine fängt an zu piepsen – und die überaus geduldige Krankenschwester muss herbeieilen, um das Gerät wieder zum Laufen zu bringen. Der Arzt meint, er könne ja einen 10er für´s Fitness-Programm verlangen ;-)

Die Zeit zieht sich so schon ein bisschen.

Fernsehen will ich nicht, lesen kann ich nicht (wegen der pumpenden rechten Hand und des ausgestreckten Armes!!!) und unterhalten geht auch immer nur dann, wenn die Schwester kommt, um die Technik zu beruhigen.

Nachdem mein Blut komplett zweimal durch die Maschine gelaufen ist und Stammzellen und Plasma (wird auch benötigt – hab´ aber vergessen wozu #schäm#) gesammelt sind, werde ich erst mal von den Nadeln „erlöst“.

Jetzt heißt es: Warten auf des Labor-Ergebnis, ob mein Körper genügend Stammzellen „hergegeben“ hat.

Ich entscheide mich, so lange zu warten. So verbringe ich zwei Stunden auf einer Parkbank – in herrlicher Frühlings-Sonne.

Leiderleider reicht meine Spende von heute noch nicht aus.

Also bekomme ich noch eine Ration der Granocyte-Spritzen (für abends und den nächsten Morgen) und zwei Kalium-Brausetabletten (das geht bei der Separation auch ein bisschen mit „verloren“), die ich am Abend nehmen muss...und mache mich – mit einem weiteren Entnahmetermin am nächsten Morgen, schon ein wenig geschafft, auf den Rückweg.

Der Rest des Tages ist erfüllt von Extreme-Couching J


13.03.2007

...once again...

Die Prozedur ist ziemlich genauso wie am Vortag.

Erfreulicherweise habe ich heute Gesellschaft. Einen sehr netten und unterhaltsamen Gesprächspartner – und eine Krankenschwester, die richtig super drauf ist, freundlich und lustig (ich bewundere es, wie das überhaupt geht – auf einer solchen Station, denn in Nürnberg befindet sich der Raum für die Stammzell-Spende mit auf der onkologischen Station. Für mich als Laien war das eher bedrückend, aber auch die allerallerletzten Zweifel/Bedenken wegwischend...)

Die Wartezeit geht diesmal sehr schnell rum. Mein Blut hat auch mehr Lust zu fließen. Nur habe ich heute den Anflug eines Finger-Kribbelns und eines Kribbelns rund um die Mund- und Nasenregion. Die Super-Schwester erklärt, dass das Voranzeichen für einen Krampf sein können, da diese Körperregionen sehr nervenreich sind (ich hoffe, ich erzähl´ da jetzt keinen Stuss). Jedenfalls bekomme ich daraufhin über eine Infusion (die direkt an der Rückfluss-Nadel angestöpselt ist) Calcium verabreicht, worauf sich alles wieder normalisiert.

Weil alles (im wahrsten Sinne des Wortes) so super läuft, bin ich auch schneller fertig als gestern. Sollten es mit heute wiederum nicht genügend Stammzellen sein, käme eine Entnahme an einem dritten Tag in Folge nicht in Frage – wird mir erklärt. Und es reicht aus!

So kann ich – mit einem Fragebogen und dem Auftrag, vier Wochen nach der Spende erneut Blut nehmen und untersuchen zu lassen - den Rückweg antreten und verbringe den Nachmittag in der Stadt und mit Erholung – auf der Couch J

Kopf- und Rücken-/Hüftschmerzen habe ich keine mehr.


14.03.2007

Anruf „meiner“ Sachbearbeiterin bei der DKMS.

Sie erkundigt sich nach meinem Befinden – welches wirklich gut ist, bis auf die Sehstörungen, die ich seit einem Tag vor der Spende habe und die sich niemand erklären kann (weder mein Augenarzt, meine Hausärztin, noch die DKMS oder das Klinikum in Nürnberg haben so was je gehört). Gut möglich, dass das mit der Spende überhaupt rein gar nichts zu tun hat. Mittlerweile (16.04.07) ist´s auch fast weg und tritt nur auf, wenn ich müde bin.

Nun erfahre ich auch etwas über den Spenden-Empfänger: Es ist ein 53jähriger Franzose, der an myeloischer Leukämie leidet. Drei Monate nach der Transplantation werde ich über die DKMS informiert, wie es ihm geht.

Ich wünsche ihm von Herzen alles Gute und viel Kraft für diese entscheidende und schwere Zeit!

Weitere zwei Jahre werde ich als potentieller Spender für diesen Patienten „reserviert“ bleiben, sollte er noch weitere Stammzellen benötigen – wobei die Wahrscheinlichkeit, der passende Spender für einen weiteren Menschen zu sein sowieso extrem gering ist.

Auch wenn das wirklich nachrangig und nicht Zweck der Sache ist – kennenlernen können werde ich ihn wohl nie. Das liegt im französischen Transplantations-Gesetz begründet. Dieses erlaubt es nicht, dass Spender und Empfänger Kontakt zueinander aufnehmen. Egal wie viel Zeit dazwischen liegt. Das soll dem Schutz beider Seiten dienen. Was mir bleibt, ist ein anonymes Schreiben zu verfassen, welches über die DKMS an die Transplantations-Gesellschaft in Frankreich geschickt und von dort an den Patienten weitergeleitet wird. Immerhin was – wenn auch sehr eingeschränkt.


...to be continued



Was ich bemerken möchte, weil ich das in so einem großen Klinikum, wo man ja davon ausgeht, dass man einfach ein Teil des „daily business“ der Angestellten ist, nicht erwartet hatte:

Von allen (Ärzte, Assistenten, Schwestern, Krankenpfleger, ... – egal ob beim Röntgen, EKG, LuFu oder auch dann letztendlich bei der Entnahme) wurde ich zu jeder Zeit freundlich begrüßt, zuvorkommend behandelt und es bestand seitens aller Interesse daran, wie ich denn dazu gekommen sei, mich registrieren zu lassen und dass sie es toll finden, dass es Menschen gibt, die sich hierzu zur Verfügung stellen. Das macht einen fast ein bisschen verlegen. Aber es tut auch gut. Ich bin auch überzeugt, dass die Menschen, die an dieser Sache beteiligt sind, ihre Arbeit engagiert und mit Freude verrichten (soweit man das auf einer onkologischen Station sein kann – freudig meine ich).